2012 war der Strauch noch zu klein, die paar Nüsschen die ausreifen wollten waren irgendwann weg, wir schoben es auf die lieben Eichhörnchen, von denen man ab und zu welche rumhüpfen sieht - durch die Bank noch rotbraune.
2013 waren schon deutlich mehr Nüsse zu sehen. Die Vorfreude war groß - doch leider kam uns wieder das "Eichhörnchen" dazwischen.
2014 hing endlich der ganze Strauch voll, wir waren guter Hoffnung dass das Eichhörnchen das nicht alles packt. Ende August, wir haben uns nach getaner Gartenarbeit am Balkon gesonnt, fängt eine unserer Katzen zu knurren an und schaut gebannt nach unten. Ich denke mir nichts, will aber wissen ob Nachbars Hund wieder zu Besuch kommt. Und ich sehe es sofort im Gebüsch wackeln. In den Haselnüssen. Kurz sehe ich es rosa durchschimmern. Aha, das "Eichhörnchen ist da.
Das Eichhörnchen stellt sich als ältere dicke Dame heraus. Auf die Frage was sie da tut meint sie nur, sie würde sich die Hasenüsse holen. Konfrontiert mit der Tatsache, dass das hier Privatgrund ist meint sie nur, die Nüsse würde sich doch sowieso niemand holen. Ich sage ihr, die Nüsse sind noch nicht reif. Nein, sagt sie, die sind reif. Haselnüsse sind im August reif, das weiß sie noch von ihrem Vater. Aha. Ich sage ihr bestimmt, dass wir die Nüsse noch zu ernten pflegen, und zwar dann wenn sie reif sind. Murrend zieht die gute Frau davon.
Wann also sind Haselnüsse reif?
- Die Hüllblätter werden braun und trocken. ("Schwarz-braun ist die...")
- Die Nüsse lösen sich leicht aus den Hüllblättern.
- Das Laub verfärbt sich.
Keiner dieser Punkte war Ende August zu beobachten. Grüne Nüsse, grüne Blätter. Einen festen Reifezeitpunkt kann man auch nicht angeben, wie bei anderen Früchten hängt der von Sorte und Standort ab. Wir haben täglich kleine Mengen geerntet, bis Ende September, da kam der Frost.
Verführerisch... Aber noch immer grüne Nüsse. Da hilft nur Warten. |
Eine Passage aus "Könemann, Nussbau in allen Lagen" kam mir in den Kopf:
Das Grünpflücken zum Grüngenuss ist [...] ein Brauch, der ebenfalls zu verwerfen ist. Es bedeutet nichts weiter als eine luxuriöse Delikatesse. Der Nussbau soll den Zweck haben, im wesentlichen Fett zu erzeugen. Grünverbrauch aber dient nicht der Fetterzeugung. Es ist deshalb eine Verschwendung und - eine Untugend. Wir können es allährlich erleben, dass durch Habgier und Genusssucht die Haselnüsse in Wald und Flur im grünen Zustande geplündert und ausserdem die Sträucher erheblich beschädigt und Blütenanlagen für das nächste Jahr vernichtet werden.
Da sich die Nüsse noch nicht selbst lösten, hat die Frau auch brav die gesamten Fruchtstände samt Stiel gepflückt. Das macht man nicht! Ich habe es an drei Fruchtständen versucht und immer habe ich die neue Knospe mit ausgerissen. Aus diesen Knospen entstehen im nächsten Jahr neue Blütenstände, das Grünpflücken minimiert also auch die Ernte im Folgejahr!
Neben dem taugen die Nüsse auch nichts. Sie schmecken nicht, denn der Ölgehalt ist noch zu gering, sie bestehen zu einem Großteil aus Wasser. Zur Haltbarmachung muss man sie deutlich länger trocknen, sie verlieren dabei stark an Masse. Reife Nüsse lassen sich leicht vom Strauch schütteln (vorsichtig daran rütteln), trocknen schneller und schrumpfen nur mäßig. Die Grünernte macht also mehr Arbeit für weniger Ertrag.
Ein Teil der Ernte beim Trocknen: Webbs Preisnuss, Hallesche Riesen und einfache Waldhasel. |
Die Nüsse, die wir jetzt den Winter über essen können, sind groß und extrem lecker! Wir freuen uns schon aufs nächste Jahr.
Reife Haselnuss der Sorte "Webbs Preisnuss": Große, längliche Nuss, gutes Verhältnis Schale zu Nuss. |
Zwei kleine Sachen wollen noch erzählt werden:
- Die Frau kam zwei Wochen später wieder beim Spazierengehen vorbei, diesmal mit Begleitung. Sie warf einen Blick in Richtung der Haselnüsse, schüttelte den Kopf, sagte "Die lernen's nimmer" und tuschelte dann ihren etwas Freundinnen zu. Hat sie scheinbar gar nicht interessiert, dass wir - gut sichtbar - gerade im Garten am Arbeiten waren.
- Die Aronia, die voll von Früchten hing, und von denen wir täglich Früchte kosteten und noch auf den besten Erntezeitpunkt warteten, waren über Nacht verschwunden. Sicher 2-3 Kilo Früchte. Das Gras um die Sträucher war zertrampelt. Keine Spuren von Rehverbiss oder Vogelschaden. Und man muss dazu 10 Meter ins Grundstück gehen und über einen Zaun steigen.
Was bleibt am Ende zu sagen? Die Dummheit, Gier und Unverschämtheit mancher Menschen scheint grenzenlos. Eigentum wird nicht geachtet, man räubert ganze Anpflanzungen leer nur um sich sonst teuren Genuss kostenlos ins Haus zu holen. Wie wäre es dann mal mit selber anbauen? Dann würde man sehen, dass es durchaus einiges an Arbeitsstunden erfordert, den Strauch zu pflegen. Vor allem bei unseren Bedingungen. Haselnüsse brauchen Kalk, pH 5,5 ist da alles andere als optimal. Unsere Sommer sind teilweise extrem trocken, die letzten Jahre gab es immer mehrwöchige (bis zu 6) Perioden komplett (!) ohne Niederschlag, und das bei Temperaturen bis 35°C und mehr. Haselnüsse sind Flachwurzler, und bei unserem Boden (lehmiger Sand) wird das Wasser schlecht gespeichert. Wir müssen also kalken, Kompost ausbringen, mulchen und im Sommer ab und an gießen. Wenn man sich dann (erfolgreich!) an ertragreichen Sorten wie "Webbs Preisnuss" und "Halleschen Riesen" versucht gibt man sich noch mehr Mühe.
Und dann will ich sehen, wer da noch ruhig bleibt, wenn die übers ganze Jahr ersehnte Belohnung für die Schufterei klammheimlich weggeräubert wird.
Abgesehen davon freuen sich auch die Tiere in der Natur - wie Eichhörnchen und Vögel, wenn man ihnen den einen oder anderen Leckerbissen noch hängen lässt.
Nachtrag März 2015:
Die Haselnüsse blühen - endlich! Das erste Zeichen dass der Winter endlich weicht. Darum hier jetzt auch ergänzend ein Bild von einer weiblichen Haselnussblüte:
Man sieht auch sehr schön die Stelle, an der im letzten Jahr die Früchte saßen (im Bild direkt links unterhalb der Knospe). Diese Blüte gäbe es sehr wahrscheinlich nicht, wären die Nüsse grün geerntet worden!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen