Sonntag, 15. Juni 2014

„Denn alles Leben ist wie Gras“ - Über die alchemistischen Prozesse in der Natur


Als ich mit der Landwirtschaft vor sechs Jahren anfing hatte ich eine Wiese in einem verheerenden Zustand.
Der Boden roch durch Überdüngung mit Mist und Jauche unangenehm. Das Bodenleben war - die Spatenprobe brachte es an den Tag - verheerend. Regenwürmer als Marker der Bodengüte waren fast keine da. Inzwischen haben sich die Regenwürmer vermehrt und eine Amsel sammelt fleißig Würmer auf meinem Acker für ihre Jungen. Ich kann gar nicht sagen wie glücklich mich dies macht. Nachdem ich in den Hochwald zog, vermisste ich jahrelang schmerzlich den Gesang der Amseln.
Nur eine Singdrossel schmetterte in meiner Nähe ihr Lied. Sicher besser als nichts. Doch ihr Lied wiegt mir wenig im Vergleich mit dem einer Amsel. Einen Gesang den ich seit meiner Kindheit in mein Herz geschlossen habe und weit schöner finde als den der Nachtigall.
Die Wiese war überdüngt und überweidet, voller kahler Flecken und voller Grassorten mit niedrigem Futterwert. Jeder aufmerksame Gang über die Wiese war ein Alptraum.
Das alles ist nun besser geworden. Wenn auch noch nicht optimal.
Das einzige was ich dafür gemacht habe war regelmäßig Steinmehl auszubringen, ansonsten die Natur in Ruhe zu lassen, dem Biotop Wiese seine Chance zur Selbstorganisation zu geben und extensiv (schonend) zu wirtschaften. Das Gesteinsmehl brachte ich allerdings in Mengen aus die höchstens der Hälfte der Empfehlung in der Literatur entsprachen. Nun das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen. Dort wo ich das Gesteinsmehl ausgebracht habe ist der faulige Geruch des anaeroben Bodenlebens verschwunden. Und immer wenn ich Zeit finde mit dem Bestimmungsbuch über meine Wiese zu gehen und versuche Grasarten zu bestimmen, habe ich ein freudiges Erlebnis.
Es kommen immer mehr Grassorten, die Tier und Boden gut tun.
Hier einige Fotos aktuell aus dem Jahr 2014.


Arrhenatherum elatus, der Glatthafer (Französisches Raygras) mit einer sehr hohen Wertigkeit hat sich bei mir ausgebreitet.
Es wird bis zu 180 cm hoch. In den Büchern steht dazu: „Charaktergras der Fettwiese, düngerliebend. Ertragreiches Mähgras guter Frischwiesen. Nicht weidefest. Mäßig trockene, wechselfeuchte Wiesen guter Düngung und extensiver Nutzung.“
Wiesen haben genauso wie ein natürlicher Wald die Fähigkeit zur Selbstfruchtbarkeit. Dies ist leider viel zu wenig bekannt. Den unterschiedlichen Grasarten kommt dabei eine wichtige Rolle zu.
Die Martin Luther Universität in Halle betreibt seit 130 Jahren im „ewigen Roggenanbau“ ein Versuchsfeld vollständig ohne Düngung. Das Feld liefert gleichbleibend pro Jahr eineinhalb Tonnen Roggen je Hektar! Das ist zwar nur die Hälfte der normalen Menge! Aber immerhin! Und gemäß bisher akzeptierter naturwissenschaftlicher Thesen völlig unmöglich, denn wo kommen bitteschön all die Mengen Kalium, Phosphor und Stickstoff her, die der Roggen braucht um zu gedeihen?
Findige Biobauern wissen um dieses Geheimnis schon lange und säen Jahr für Jahr auf ihre Weiden u.a. sporadisch Roggen zur Bodenverbesserung und Humuserhaltung ein. Dies sind Fakten die kaum bekannt sind, obwohl dieses Erfahrungswissen uralt ist. Peter Rosegger, der Abkömmling Steierischer Bauern, beschreibt die bodenverbessernden Eigenschaft von Getreide in seiner Erzählung: Jakob der Letzte, und er schreibt auch davon wie wenig seine Vorfahren damals zurecht von den Empfehlungen der Experten aus der Stadt gehalten haben. Doch diese Bauern waren noch aus einem ganz anderen Holz geschnitzt.
Das Thema ist natürlich sehr interessant. Der einzige Forscher der bisher in der Lage war diese Phänomene zu erklären ist C. Louis Kervran (1901- 1983). Der Titel seines Werkes verspricht interessantes: Transmutations bioloqiues et physigue moderne (Paris 1982).
Die Natur kann zaubern. Der Stein der Weisen, die Umwandlung der Elemente, jahrhundertelange, vergebliche Sehnsucht der Alchemisten, ist ihr ureigenstes Element. Die Natur kann das, man muss sie nur lassen. Und sie kann sogar das menschliche Zerstörungswerk wenig Einsichtiger rückgängig machen. Wer die Kräfte der Natur beobachtet und versteht, kann ihr dann dabei helfen um die ganze Angelegenheit zu beschleunigen. Gesteinsmehl hilft, aber auch so manches andere was Alwin Seifert und die einfach unvergleichlich geniale Annie France-Harrar beschreiben und empfehlen.
Unsere Welt könnte ein Paradies sein. Stattdessen sorgen unsere Politiker und die Agrarlobby dafür, dass wir selbst und die Natur immer mehr vergiftet werden.

Empfohlene Lektüre dazu: Richard Rickelmann: Tödliche Ernte. Wie uns das Agrar- und Lebensmittelkartell vergiftet. Ullstein, Berlin 2012.
Wer nach dieser Lektüre noch etablierte Politiker gleich welchen Couleurs wählt ist selber schuld.

Doch lieber zurück zu Erfreulicherem.
Weitere gute Grünlandpflanzen auf meiner Wiese sind:
Dactylis glomerata (Knaulgras),
Phleum pratense (Wiesenlischgras)
Lolium perenne (Englisches Raygras),
Poa trivialis (Gemeine Rispe),
Trisetum flavescens (Goldhafer).
Das alles ist wie gesagt heutzutage und auf einer „normalen“ Wiese keine Selbstverständlichkeit.
Vielleicht finde ich noch Zeit sie alle in Fotos vorzustellen.
Und auch Zeit für die Kollegen mit niedriger Wertezahl, die zwar stark zurückweichend aber immer noch da sind und in einer artenreichen Wiese sicher auch ihre ökologische Nische finden.
Ich freue mich jedenfalls schon auf meinen nächsten Gang mit meinen Gräserbestimmungsbüchern durch die Wiesen. Für meine Augen und anderen Sinne ist dies immer ein phantastisches Abenteuer.

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