Hier nun ein paar Bilder aus dem
vergangenen Jahr.
Aber Vorsicht - die Idylle täuscht.
Ein Kitz wurde von der Mutter nicht
angenommen. Das soll ja mitunter schon mal vorkommen, dass es uns
bereits beim zweiten Wurf widerfährt war jedoch schockierend. Vor
allem aber die Art wie dies geschah: Die Ziege ging mit den Hörnern
auf das wenige Stunden alte Kitz los und schleuderte es durch den
Stall. Die nächsten Tage wurden anstrengend, wir mussten beim
Weidegang immer dabei sein und das Kleine behüten und per Flasche
füttern. Zum Schlafen bekam es einen gesicherten Platz.
Auch untereinander sind die Tiere
aggressiv. Normale „strenge“ Hierarchie, könnte man sagen.
Bereits im ersten Frühjahr (März 2010) mussten wir das erste Opfer
beklagen. Beim morgendlichen Füttern sahen wir, wie eine der anderen
Ziegen mit den Hörnern kräftig im Heu vor der Stallwand (außen)
herumschlägt. Beim Näherkommen wurde klar, dass im Heu eine Ziege
liegt. Der Tierarzt konnte nur noch einschläfern. Nun war die
nächste in der Rangfolge dran, von den beiden anderen schikaniert zu
werden. Sie wurde vom Futter weggeprügelt, auf der Weide
herumgescheucht. Keine Freude, dabei zuzusehen.
Und dieser gegenseitige Hass wurde auch
gegenüber den fremden Kitzen ausgelebt. Der erste Versuch, nach 3
Wochen getrennter Haltung der beiden Mütter (die dritte Ziege hat
nach dem dritten Decken noch kein einziges Mal aufgenommen –
Impotent oder Zwitter, das aggressivste Tier im Stall), ging
gründlich schief. In hohem Bogen flogen die Kitze, die Mütter
jagten den fremden Kitzen nach, versuchten aber gleichzeitig nicht,
ihre eigenen zu schützen. Also weitere 4 Wochen getrennte Haltung,
bis die Kitze groß und schnell genug waren.
Nach zwei Wochen geglücktem (und
wieder streng bewachter – man merkt, diese Ziegen kosten viel
Zeit...) Weidegang dann der nächste Schock, ein schreiendes Kitz
liegt unter der schützenden Einschalung des Apfelbaums. Wir befreien
es. Stellen es neben die Mutter, das Tier bricht sofort wieder
zusammen. Wir tragen es ins Haus, benachrichtigen den Tierarzt und
vereinbaren einen Termin. Fünfzehn Minuten später ist das Kitz tot.
Recht wahrscheinlich innere Verletzungen, wir konnten kurz vorher
sehen, wie die rangniedrigste Ziege im Affenzahn in die Kitzgruppe
raste, dachten aber, alles wäre gut gegangen.
Seitdem stehen die Ziegen den ganzen
Tag im Stall, in einzelnen Boxen. Am Abend gibt es beaufsichtigten
Freigang. Der Traum von der idyllischen Herde war endgültig
geplatzt.
Und woran liegt das? Sind wir schlechte
Halter? Wohl eher nicht, denn mit den Milchschafen gibt es keine
Probleme. Es wird zwar geboxt, um die Hierarchie aufrecht zu halten,
dies aber nur ein bis zweimal am Tag. Beim Fressen sind es die
friedlichsten Genossen, fressen Kopf an Kopf am gleichen Grasbüschel
oder aus der Schale mit Getreide (Bei den Ziegen mussten wir schon
immer separat Kraftfutter geben, da bei gemeinsamer Fütterung zuerst
immer versucht wurde, die anderen Ziegen am Fressen zu hindern, es
wurde gerauft und dabei alles Getreide verschüttet).
Zu wenig Platz? Wohl auch nicht, die
Stall- und Außenfläche reicht bei normalem Besatz zehn Tiere.
Die Ursache ist ziemlich sicher in den
Genen zu finden. Ende der 1980er Jahre gab es nur noch 120 Tiere und
zwei Bocklinien. Es wurden zwar Toggenburger eingekreuzt, um den
Genpool zu erhöhen, doch genetische Vielfalt sieht anders aus. Dies
führt zu extremer Anfälligkeit gegenüber Parasiten. Man ist
ständig am Entwurmen. Dass es in anderen Betrieben friedlicher
zugeht, kann hier seine Ursache haben: die chemischen Mittel gehen
aufs Gehirn, lassen die Tiere lethargisch werden. Setzt man auf
natürliche Mittel, fällt dieses Beruhigungsmittel weg.
Als Züchter sollte man bei so
begrenztem Genpool sehr vorsichtig vorgehen. Oberste Priorität muss
auf Gesundheit und
Verträglichkeit gelegt
werden, äußere Merkmale
sollten niedrigste Priorität haben. Bei Kühen ist es schon lange
üblich, Tiere auszusondern, die beim Weidegang leicht verwurmen. Bei
Schafen macht man das seit kurzem auch. Die Ziegenhalter vertrauen
wohl einfach auf ihre „robusten Tiere“ (robuste
Rasse ist ein beliebter
Begriff
für Ziegenrassen, Thüringer Wald Ziegen sollen auch dazu gehören).
Und
genau hier ging bei unseren Tieren einiges schief. Bei den Thüringer
Wald Ziegen gibt es Variationen in der Farbe. Hellbraun bis
dunkelbraun aber auch schwarze Tiere, wobei letztere eher selten
sind. Dazu gibt es welche mit Glöckchen und welche ohne, die mit
Glöckchen sind noch rarer gestreut als die mit schwarzem Fell. Da
ist es für den findigen Hobbyzüchter natürlich
interessant, sich als Zuchtziel „schwarz mit Glöckchen“ zu
setzen. Denn solche Tiere sind logischerweise am rarsten, man schafft
sich seinen Markt. Und sie hat es tatsächlich geschafft, ein
überdurchschnittlich großer Teil ihre Herde ist schwarz mit
Glöckchen.
Dass
sie ihre Böcke in mit Eisenstangen gesicherten Boxen halten muss
interessiert sie nicht. Dass man die Böcke nicht mit der Herde auf
die Weide lassen kann (weil sie die nicht bockigen Ziegen übelst
schlagen) auch nicht. Dass – wie sie es umgedeutet hat – morgens
manchmal tote Kitze im Stall liegen, weil sich die „unvorsichtige“
Mutter wohl draufgelegt hat (eine Lüge, wie wir mittlerweile
wissen), ebensowenig. Hauptsache schwarz mit Glöckchen, hauptsache
Marktlücke.
Und
nicht dass jetzt jemand meint „der Herr Trischberger hätte sich
beraten lassen sollen“ - genau das ist passiert. Da in den Büchern
zur Ziegenhaltung immer schön alle Rassen aufgeführt wurden, mit
all ihren guten Eigenschaften (und alle sind „robust“, was auch
immer das heißen soll), haben wir bei der Ziegenzüchtervereinigung
Rat geholt. Die Chefin selbst hat natürlich IHRE Thüringer in
höchsten Tönen gelobt. Und da wir sowieso ein Herz für bedrohte
Tierarten haben, waren wir schlussendlich auch davon überzeugt. Und
sie verwies uns dann an die (fatale?) Adresse.
Deshalb
hier mein Rat:
Traue
keinem Hobbyzüchter, vor allem dann, wenn er nur auf äußere
Merkmale züchten will.
Lass
die Hände von seltenen Rassen. Am besten nimmt man für den Anfang
eine „Bauernziege“, also einen bunten Mischling. Die sind
meistens robust und die Milchleistung stimmt auch (bei uns lag die
Höchstleistung bei 2 Litern am Tag (versprochen waren 4-5!), das
konnte auch nicht mit Kraftfutter gesteigert werden). Und billiger
sind sie auch. Da sich Inzucht meist nicht positiv auf die Robustheit
auswirkt, sind die Tiere anfällig gegenüber Parasiten und
verursachen hohe Tierarztkosten. Das schlägt sich im Kaufpreis der
Tiere nieder – 250 € pro Ziege waren es, für ungekörte Böcke
waren 100€ fällig.
Am
besten kauft man beim Profi mit
einer großen Herde. Dessen
Einkommen hängt von seinen Tieren ab. Er kann es sich nicht leisten,
dass er Jahr für Jahr Ausfälle durch Morde in seiner Herde hat. Er
muss schauen, dass die Tiere wirklich „robust“ sind, also keine
hohen Tierarztrechnungen verursachen. Unsere beiden Milchschafe
stammen aus so einem Betrieb, bisher gab es keine
Probleme.
Die Tiere sind gesund, friedlich, machen nichts kaputt. Für
die Ziegen braucht man stabile und hohe Pfosten. Normale
6cm-Fichtenpfosten werden umgehauen. Der Zaun muss 150cm hoch sein,
die Pfosten also 220cm hoch. Am Ende sind wir bei Akazie gelandet. 9
Euro pro Pfahl, ein wahnsinniger Aufwand, die zu stecken. Bei den
Schafen reicht ein Zaun mit 1m Höhe (selbst im Winter!), die Pfähle
sind dünne Fichten-Kanthölzer – ca. 1€ das Stück. Drei Weiden
waren an einem Tag gesteckt (die Arbeit auf vier kühle Abende
verteilt).