Neuntöter-Männchen... |
... und sein geliebtes Weibchen |
Bei uns im Garten
nistet zur Zeit ein Neuntöter-Pärchen. Darüber sind wir sehr
glücklich. Der Neuntöter ist auf eine Heckenlandschaft angewiesen
und dort vor allem auf Dornbüsche wie Schlehen. Selbige habe ich
gleich nach Erwerb des Grundstücks neben Weißdorn, Lonicera,
Haselnuss, Holunder, Berberitze, Heckenrose und anderem gepflanzt.
Inzwischen ist die
Schlehe ein über mannshoher Busch geworden und letztes Jahr haben
wir bereits aufgespießte Käfer als Vorrat an der Schlehe gesehen.
Der Neuntöter jagt ja Käfer und sammelt sie als Vorrat auf
Dornenhecken. Er braucht die Dornen auch, um die großen Käferarten,
die er fängt, schnell und unbürokratisch zu töten, des weiteren
nutzt er sie, um die Nahrung für den Verzehr zu präparieren. In den
Anfangsjahren hatten wir sehr viel Ärger mit Käfern. Vor allem der
Gartenlaubkäfer hat die jungen Haselsträucher kahl gefressen, ein
junger zarter Kirschbaum wurde zum unrettbaren Opfer dieser Tiere.
Damals wünschte ich
mir sehnlichst den Neuntöter als Brutvogel, wusste ich doch, dass er
der Käfer-Spezialist ist. Und nun ist er da, häufig sehe ich
ihn mit einem dicken Käfer im Schnabel.
Und die
Gartenlaufkäfer bereiten seit letztem Jahr keine Probleme mehr.
Vielleicht ist es Zufall, aber so ein Neuntöter hat auch ziemlichen
Appetit.
Lange Zeit erschien
es aussichtslos, dass ein Neuntöter mal bei uns auftauchen könnte.
Er ist selten geworden und steht auf der roten Liste mancher Länder.
Und die nähere und weitere Nachbarschaft um unser Haus ist für
Neuntöter denkbar ungeeignet. Die intensive Landwirtschaft hat ihm
den Garaus gemacht. Andauerndes mähen, Nutzung eines jeden auch noch
so kleinen Streifens, das Fehlen von ordentlichem Gebüsch aber auch
der Einsatz von Pestiziden, die den Insektenbefall der „wertvollen“
Kulturen zu unterbinden...
Bei uns hat keiner
Schlehen, Weißdorn oder auch nur einen großen, alten
Heckenrosenbusch auf dem Feld stehen, es gibt nicht mal mehr einen
Stacheldraht, auf dem der Neuntöter seine Käfer aufspießen könnte!
Kurz um, die moderne, flurbereinigte Landschaft ist in ihrer
Sterilität ein einziges Fiasko.
Manches ist aber
auch nur der blanken Ignoranz zu verdanken. Eine Fichtenhecke, eine
Birken- Buchenreihe bringt halt nicht die erforderliche ökologische
Vielfalt. Anderes stünde dort besser.
Bei uns ist eine
kleine Ödfläche entstanden. In einem Gestrüpp samt Totholzhaufen
sitzt öfter das Weibchen auf der Suche nach Nahrung. Ein morscher,
alter Baum blieb stehen, ein zweiter blieb liegen. Auf einem Areal
von etwa 100m2 durften sich Himbeeren prächtig und
ungehemmt ausbreiten. Die Brombeersorte Theodor Reimers mit ihren
kräftigen Stacheln wuchert prächtig. Wir vermuten das Nest
entweder in den Brombeeren oder (wahrscheinlicher) den Himbeeren in
der Nähe des Totholzhaufens. Aber sicher sind wir uns noch nicht.
Die Eltern sind gewieft und verstehen es hervorragend, zu täuschen.
Wir lassen sie möglichst in Ruhe, beobachten aus der Ferne vom
Balkon aus. Wenn die Jungen flügge geworden sind, was vermutlich in
einer Woche der Fall sein wird, werden wir versuchen, den Standort
des dann aufgegebenen Nestes zu erkunden. Neuntöter nisten meist in
undurchdringlichem Buschwerk in einer Höhe von ein bis drei Metern.
Einstweilen tänzeln sie zwischen Mispelbaum, dem jungen Lindenbaum,
Kriecherlhecke, Walnußbaum, Birnbaum, Himbeeren und Brombeerstrauch
hin und her. Sie lieben diesen Flecken Erde mit seinem Buschwerk und
vielen Insekten.
Spätestens im
September werden sie wohl bereits ihr Winterquartier in Südafrika
bezogen haben. Der Sommer mit ihnen ist kurz. Sie sind prächtige,
gewitzte Tiere. Ihnen mit dem Feldstecher aus der Ferne zuzusehen
macht unendlich viel Freude. Hoffentlich kommen sie nächstes Jahr
wieder, denn sie sind nicht nur herrlich anzusehen, sie sind einfach
ein unverzichtbar wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems. Wir
brauchen sie.